Wissenschaftskommunikation im Ausnahmezustand
Ein Projekt umzusetzen, ist nicht einfach. Wenn eine Pandemie die Planung über den Haufen wirft, wird es gleich noch komplizierter. Am Ende der Projektphase der Gewinner*innenteams des Hochschulwettbewerbs 2020 blicken wir zurück, wie sie mit dieser Herausforderung umgingen, und schauen nach vorne.
von Gesa Hengerer
Barcamps, Diskussionsveranstaltungen, Festivals, Workshops – die 15 Gewinner*innenteams im Hochschulwettbewerb 2020 hatten große Pläne. Doch Treffen vor Ort sind in Zeiten einer Pandemie undenkbar. Mit dieser unvorhersehbaren Situation konfrontiert hieß es, nach vorne zu blicken, die Projekte weiterzuentwickeln und in die digitale Sphäre zu transferieren.
Das Prinzip des Hochschulwettbewerbs ist denkbar einfach: Frei nach dem Motto “Zeig deine Forschung!” erhalten die besten 15 eingereichten Kommunikationsideen jeweils 10.000 €. Die Nachwuchswissenschaftler*innen haben ein Jahr lang Zeit, um ihre Vorhaben passend zum jeweiligen Thema des Wissenschaftsjahres in die Tat umzusetzen. Im Jahr 2020 drehte sich das Wissenschaftsjahr um Bioökonomie. Zum Auftaktworkshop kamen die Gewinner*innen im Februar 2020 noch vor Ort im Bundesministerium für Bildung und Forschung zusammen. Mit dabei: Motivation und einen minutiösen Plan zur Umsetzung ihrer Projekte. Doch Corona-bedingt mussten sie schnell umplanen.
Barcamps, Diskussionsveranstaltungen, Festivals, Workshops – Corona machte den Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.
Aus Workshops im Community Labor wurden Scivival Kits fürs Experimentieren zuhause oder digitale Pilzsafaris. Andere Teams erstellten mobile Escape Game Boxen für Spieleabende in kleinen, privaten Runden oder entwickelten aus Workshops für Schüler*innen online zugängliche Lernmaterialien. Dabei entstanden die Online-Lernplattform Befootec, die Webseite Neuartige Lebensmittel, die über Insekten und Invitro-Fleisch aufklärt und Lernvideos vom Arche Naturprojekt, das eigentlich Schulstunden auf vormaligen Abbauflächen abhalten wollte. Auch das Diorama zur multitrophen Aquakultur wollte eigentlich zum analogen Begreifen und Entdecken einladen und wurde vorerst durch eine digitale Variante ergänzt.
Damit die Gewinner*innen trotzdem noch kleinere, analoge Veranstaltungen durchführen konnten, wurde die Projektlaufzeit um ein halbes Jahr verlängert. In dieser Zeit konnten kleine – mit klarem Hygienekonzept durchgeführte – Veranstaltungen entstehen, darunter ein Workshop mit Influencer*innen zum Thema Bioökonomie in der Textil- und Modebranche, Malworkshops zur Bioökonomie mitsamt Ausstellung sowie das Barcamp „Nachhaltiges Ernährungssystem für Köln/Bonn“.
Einige der ausgezeichneten Projekte waren von vornherein als digitale Projekte geplant:
Bei „Krautnah – der Pflanzenforschungspodcast für Jedermensch“ sprechen die Moderator*innen Laura, David und Caspar in bisher 17 Folgen über Landwirtschaft, Gentechnik und das Gärtnern. Mit über 10.000 Downloads, gehört der Podcast zu den Publikumslieblingen im Hochschulwettbewerb und die zweite Staffel wird auch nach Projektabschluss noch weitergeführt.
Auf die Macht der Bilder setzte der Bioökonomie-Comic „Die Abenteuer von Alex und Bioman“. Darin folgen Leser*innen dem Försterdackel Alex, der für alle Altersgruppen verständlich Themen wie Forstwirtschaft, Nachhaltigkeit und Umweltressourcen erklärt. Die beiden Forschenden hinter der Idee entwarfen kurzerhand auch einen Comic für Kinder zum Schutz vor dem Corona-Virus.
Bei einigen Projekten stehen auch jetzt noch Premieren an: Die beiden Apps Grow – die Homegardening App und die Green Karma App werden demnächst in den gängigen App Stores verfügbar sein und die Erklärvideo-Reihe „Keep it in the Ground! Aber was dann?“ wurde Mitte August veröffentlicht.
Wissenschaftskommunikation digital: Ausnahmezustand oder neue Normalität?
Doch nicht nur die Gewinner*innen haben sich an die veränderte Situation angepasst: Auch im Hochschulwettbewerb ergaben sich einige Neuerungen. Digitale Treffen ermöglichten es den Teams, regelmäßig an Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Wissenschaftskommunikation, Social Media, Formate und Zielgruppen teilzunehmen und sich zu vernetzen. In den Workshops ergaben sich Synergien, sodass Kooperationen der Teams entstanden: CoLab und Krautnah brachten ein gemeinsames Scivival Kit heraus, es folgten Gastauftritte und Interviews bei Veranstaltungen. Gemeinsam gestalteten einige Teams eine digitale Ausstellung beim diesjährigen Digitaltag am 18. Juni 2021.
Doch auch eine verlängerte Projektphase geht zu Ende: Wie geht es weiter? Die Mehrheit der Teams wird an ihren Projekten weiterarbeiten und hoffentlich in der Wissenschaftskommunikation Fuß fassen – bewiesen, dass sie das können, haben sie bereits!
Damit die Gewinner*innen in Kontakt bleiben, wird aktuell ein Alumni-Netzwerk mit regelmäßigen Treffen aufgebaut. Der erste Termin wird bereits diesen Herbst (erstmal digital) stattfinden.
Auch die zweite Runde im Hochschulwettbewerb des Doppel-Wissenschaftsjahres zum Thema Bioökonomie hat Fahrt aufgenommen. Bis Ende November setzen die Teams setzen ihre Projekte um.