„Sprache muss auch Spaß und Emotionalität vermitteln“

Portrait von Achim Englert
© Phänomenta
16. März 2021

Auf den Punkt gebracht“ – unter diesem Motto rückt das Forum Wissenschaftskommunikation 2021 das Zusammenspiel von Wissenschaftskommunikation und Sprache in den Fokus. Was steckt hinter dem Schwerpunktthema? Wir haben bei den Mitgliedern des Programmbeirats nachgefragt. Heute im Interview: Achim Englert, Geschäftsführer des Science Centers Phänomenta in Flensburg.

von Ursula Resch-Esser

Wissenschaftskommunikation und Sprache ist der Schwerpunkt beim diesjährigen Forum. Wie hat sich in den vergangenen Jahren die Sprache der Wissenschaftskommunikation geändert?

Im Ausstellungsbereich hat sich viel geändert. Als ich in den neunziger Jahren angefangen habe mit interaktiven Exponaten zu arbeiten, wurde Vieles als zu vereinfacht, zu simplifiziert und zu trivial gesehen. Science Center wurden als Kinderspielplatz beäugt. Dass man mit sehr einfacher Sprache auch komplexe wissenschaftliche Inhalte darstellt, das gab es damals nicht. Und manche wissenschaftliche Institution wollte damit nicht in Verbindung gebracht werden. Das hat sich seitdem geändert. Wie sagte Einstein „Klug ist jener, der Schweres einfach sagt“. Das können mittlerweile mehr Wissenschaftler*innen. Auch die Akzeptanz, das zu tun, ist deutlich gestiegen. Ich denke, das angelsächsische KISS-Prinzip –­ keep it short and simple – ­ist jetzt auch in Deutschland anerkannt und akzeptiert.

Welche Sprache sollte die Wissenschaftskommunikation neu für sich entdecken?

Vielleicht muss sie nichts neu entdecken. Aber sie sollte noch stärker zielgruppenorientiert werden. Wenn ich eine Altersgruppe ansprechen will, sollte ich überlegen, ob ich der Richtige bin, der das formuliert. Wenn ich einen Instagram-Kanal bespielen will, dann suche ich mir eine*n 19- oder 20-Jährige*n dafür. Da kann ich erzählen was ich will, aber die Sprache werde ich nicht mehr hinkriegen, auch wenn ich mich noch so verbiege. Man sollte die Befangenheit verlieren und das, was man mitteilen will, auch den Leuten in die Hand geben, die die zielgruppenorientierte Sprache beherrschen. Das Sender-Empfänger-Prinzip funktioniert nur dann, wenn Sender und Empfänger die gleiche Sprache sprechen. Ich denke, da muss die Wissenschaftskommunikation nicht unbedingt etwas Neues erfinden, sondern das, was es gibt, noch intensiver nutzen.

Sie haben die Zielgruppen schon angesprochen. Welche Möglichkeiten bietet Sprache noch, diejenigen zu erreichen, die mit Themen aus der Wissenschaft nicht angesprochen werden?

Sprache muss auch Spaß und Emotionalität vermitteln. Wenn ich in einem kühlen Sprachstil bleibe und versuche, meinen dezidiert wissenschaftlich-seriösen Ton beizubehalten, dann ist es oft schwierig, das zu tun. Man darf auch mal Spaß haben und lachen, ohne dass die Seriosität darunter leidet. In den ersten zehn Jahren, in denen ich in der Phänomenta war, hieß es noch: Wir wollen ja wichtige Anliegen kommunizieren, ist Spaß da nicht schädlich? Kann ich etwas Seriöses auch lustig verpacken? Als der erste Science Slam hier stattgefunden hat, kamen Menschen aller Altersgruppen zu uns. Bei den Älteren hat man gemerkt, dass sie eine bestimmte Erwartungshaltung hatten, was an dem Abend sprachlich passiert. Sie dachten die Nachwuchswissenschaftler*innen halten seriöse, wissenschaftlich tiefgründige Vorträge. Und dann war das eher ein lustiges Sprachgewitter, teilweise bis in die Fäkalsprache hinein. Und es hat gewirkt. Sprache hat Inhalte transportiert. Für unsere älteren Besucher war das ein Schockerlebnis. Man konnte sehen, wie Sprache das Erlebnis des Abends geprägt hat.