Die Energiewende im Anhänger

Felix Dunkl fährt seit zweieinhalb Jahren mit dem Energiemobil durch Deutschland. Sein Antrieb: Über die Energiewende ins Gespräch kommen. Im Interview zieht er eine Zwischenbilanz.
von Hanna Strub
86 Städte und 22.000 Besucher*innen: Seit August 2022 fährt Felix Dunkl mit dem Power2Change: Energiemobil durch Deutschland. Das Energiemobil ist Teil des Projektes Wissenschaftskommunikation Energiewende, das mit der Wanderausstellung Power2Change: Mission Energiewende Wege zu einer klimaneutralen Energieversorgung zeigt. Gemeinsam mit dem Designstudio „The Constitute“ hat Felix Dunkl einen alten PKW-Anhänger zu einer mobilen Ausstellung inklusive Mitmachstationen ausgebaut. Im Interview berichtet er über die Vorzüge einer mobilen Ausstellung und seine Erfahrungen mit dem Energiemobil.
Für alle, die es noch nicht gesehen haben: Was ist das Energiemobil?
Das Energiemobil ist eine mobile Ausstellung, die in einem PKW-Anhänger verbaut ist. Den Anhänger kann man in verschiedene Richtungen aufklappen. Somit ist das Energiemobil ein Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Begegnungsort gleichzeitig. Wir laden auf niedrigschwellige Weise Menschen ein, sich mit dem Thema Energiewende auseinanderzusetzen. Wir haben zum Beispiel ein BMX-Rad, mit dem man Wasserstoff produzieren und mit diesem dann sein Handy laden kann. Dadurch bekommen die Besucher*innen ein Gefühl, wie viel Energie aufgewendet werden muss, um Wasserstoff zu produzieren. Oder wir haben eine VR-Brille, mit der man ins Jahr 2045 durch die die Stadt der Zukunft reisen kann, in der alle Klimaziele erreicht sind. Und mit einem 3D-Drucker bauen wir mit Besucher*innen ein großes Windrad aus recyceltem Plastik.

Welches Ziel verfolgt das Projektteam mit dem Energiemobil?
Wir möchten vor allem auf die Themen Energiewende und Erneuerbare Energien aufmerksam machen. Ich stelle fest, dass viele Menschen dazu Redebedarf haben. Mit dem Energiemobil schaffen wir einen Ort im öffentlichen Raum, der zum Austausch einlädt. Das Energiemobil ist klein und wendig, sodass es an unterschiedlichsten Orten stehen kann: auf dem Marktplatz, in einer Fußgängerzone, auf einem Schulhof oder einem Stadtfest. So wechseln die Besucher*innen täglich und wir erreichen Menschen, die wir auf klassische Weise, wie in einem Science Center, nicht erreichen würden. Bei uns bleiben Leute stehen, die nicht geplant hatten, zu uns zu kommen. Manche haben nur kurz schauen wollen und sind dann fast eine Stunde geblieben. Und an unseren Tischen entwickeln sich auch immer wieder spontane Gespräche unter Passant*innen. Dort begegnen sich dann auch Leute, die unterschiedlicher Meinung sind und so in den Austausch kommen. Wichtig ist uns, dass das Energiemobil keine Überzeugungsarbeit leistet, sondern einen offenen und wertfreien Austausch ermöglicht.
Wo war das Energiemobil in den vergangenen zweieinhalb Jahren unterwegs und wie wurden die Standorte ausgewählt?
Zu Beginn haben wir uns an den Orten der Wanderausstellung Power2Change; Mission Energiewende orientiert und sind mit dem Energiemobil in einem Umkreis von 40 Kilometern auf Tour gegangen. Da waren wir zum Beispiel im Ruhrgebiet, rund um Bremerhaven oder in der Lausitz unterwegs. Umso länger die Tour ging, desto mehr haben wir unseren Radius erweitert. Wir waren in kleinen Orten wie Otterndorf oder Augustusburg, aber auch in großen Städten wie Berlin, Bremen oder Hannover. Wichtig war, vor Ort immer einen Standort zu wählen, an dem viele Leute vorbeikommen. Es war wirklich alles dabei, vom Wochenmarkt über den Badesee bis hin zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung und einem Technofestival.
Gibt es Standorte, die Dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Ja, das waren vor allem Orte in der Lausitz. Insbesondere die Städte Zittau, Bautzen oder Görlitz sind mir im Gedächtnis geblieben. Dort haben wir mit verschiedenen lokalen soziokulturellen Zentren oder Vereinen zusammengearbeitet, die sich sehr für eine offene Gesellschaft und Demokratie einsetzen. Und es war schön zu sehen, dass wir als Wissenschaftsprojekt unseren kleinen Teil dazu beitragen konnten. Oder Cottbus, wo wir mit knapp 40 Projekten aus der Region ein ganztägiges Wissenschaftsfestival rund um den Bunten Bahnhof veranstaltet haben. Und ich kann mich auch noch an einen kleinen Ort in Niedersachsen erinnern, wo wir mit Schüler*innen aus der Ukraine einen Workshop gemacht haben. Sie waren total begeistert und haben gesagt, dass sie über die Energiewende bisher ganz anders gedacht hätten.

Welche Themen haben die Besucher*innen am meisten interessiert?
Das war tatsächlich regional sehr unterschiedlich. In Wuppertal zum Beispiel haben ganz viele Kinder gefragt, wie Wasserstoff funktioniert. Denn in der Stadt fahren wasserstoffbetriebene Busse. In der Region um Oldenburg und Bremerhaven war Windkraft ein großes Thema. In Mecklenburg-Vorpommern wiederum waren viele Camper unterwegs und das Thema Solarpanels war sehr präsent. In der Lausitz und dem Ruhrgebiet, wo der Kohleausstieg für die Region direkte Auswirkungen hat, hat man in den Gesprächen gemerkt, dass die Menschen sich viel intensiver mit dem Thema Energiewende auseinandergesetzt haben. Grundsätzlich drehten sich die Gespräche häufig um zwei Fragen: Wie kann eine klimaneutrale Energieversorgung aussehen? Und wie wollen wir zukünftig als Gesellschaft zusammenleben?
Du warst mit dem Energiemobil auch auf Schulhöfen und hast Workshops in Klassen gegeben. Welche Erfahrungen hast Du dabei gemacht?
Ich habe fast durchweg positive Erfahrungen gemacht. Da die normale Unterrichtsstunde ausfällt, gehen die Schüler*innen natürlich mit gewissen Vorschusslorbeeren in unseren Workshop rein. Aber fast alle Schüler*innen hatten einfach auch große Lust, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Mir ist aufgefallen, dass 15-jährige heute viel besser informiert sind als ich es mit 15 Jahren war, was das Thema Energiewende betrifft. Ich habe ein großes Interesse und Bewusstsein für Zukunftsfragen wahrgenommen: Wir möchten wir zukünftig leben? Wir möchten wir miteinander umgehen? Gleichzeitig habe ich auch festgestellt, dass einige Jugendliche das nachreden, was sie etwa zu Hause hören. Und oft war der Fall, dass sie in den Workshops zum ersten Mal angefangen haben sich selbst eine Meinung zu Erneuerbaren Energien bilden. Das ist ein schöner Moment, wenn einem das gelingt.
Wie geht es weiter mit dem Energiemobil?
Wir machen jetzt bis Mai eine Pause, unterziehen die mobile Ausstellung einer technischen Wartung und überarbeiten sie etwas. Ab Ende Mai bis zum Winter tourt das Energiemobil dann wieder durch ganz Deutschland. Wir werden uns auch personell noch verstärken, da wir zuletzt so viele Anfragen hatten, dass wir gar nicht alle erfüllen konnten. Das wird uns dann zukünftig hoffentlich gelingen. Daher sind jetzt auch wieder Standortanfragen herzlich willkommen.
Ausführliche Informationen zur Wanderausstellung und zum Energiemobil gibt es auf der Website des Projektes.