Austausch von Forschung und Praxis der Wisskomm bei der Wisskomm Connected

© Simon Esser/Wissenschaft im Dialog
11. September 2024
Ein Rückblick auf den ersten Tag der Wisskomm-Fachtagung der Transfer Unit

Rund 180 Menschen aus der Wisskomm-Community sind in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zusammengekommen, um zu diskutieren, wie ein konstruktiver Dialog zwischen Forschung und Praxis gelingt.

von Simon Esser

Christoph Markschies begrüßte die Teilnehmer*innen im Leibnizsaal: „Es gibt nicht den einen Stil, sondern verschiedene Praktiken, weil die Menschen verschieden sind. Wissenschaftskommunikation ist ein Handwerk: Doch bei aller Technik – Kunst, Sensibilität und Fantasie gehören dazu. Wie kann man sie wecken?"

Sebastian Büttner sagte zur Eröffnung: "Ich freue mich, dass sich hier Menschen aus so unterschiedlichen Disziplinen zusammenfinden. Das erfordert auch die Bereitschaft, einander zuzuhören." Liliann Fischer betont die Bedeutung von Netzwerken: “Nach dieser Konferenz haben Sie hoffentlich eine bessere Idee, wen Sie anrufen können.” Cordula Kleidt ergänzte: „Die Wissenschaftskommunikationsforschung ist nicht etwas, das man im Labor betreibt. Sie wird besser, wenn die Realitäten des Alltags einbezogen werden. Wisskomm verbindet."

Weiter ging es mit einer Double Keynote: “Die Wissenschaftskommunikation, wie wir sie kennen, wird es in Zukunft nicht mehr geben: Sie wird in Zukunft integral mit der Wissenschaft verbunden sein”, sagte Elisabeth Hoffmann. Zur gesellschaftlichen Verantwortung der Wissenschaftskommunikation sagt sie: “Wir müssen uns eingestehen, dass wir einen erheblichen Teil der Bürger*innen nicht erreichen, sondern uns in einer Komfortzone eingerichtet haben”. Sie warnte vor der Vorstellung, dass Wisskomm die Demokratie retten könne: “Wisskomm wirkt wie jede Form von PR systemstabilisierend. [...] Wisskomm ist immer interessengeleitet." Das funktioniere auch in Diktaturen. Elisabeth Hoffmann: "Wir müssen wirklich mehr auf die Straße gehen! Und uns selbst hinterfragen.” Sarah Davies schloss ihre Keynote an: "The roles of science communication should be understood as non-normative, non-exclusive, and overlapping. They can provide a language or frame for thinking about the goals of public communication of science and technology."

Im Panel „Demokratische Wissenschaftsvermittlung in Deutschland – quo vadis?" wurde über Anfeindungen gegen kommunizierende Wissenschaftlerinnen gesprochen. Julia Wandt und Sascha Schönig stellten aktuelle Forschungsergebnisse von Hate Aid und dem KAPAZ-Projekt vor. Daniel Saldivia Gonzatti berichtete aus seiner Beratung beim SciCommSupport: "Sich als Betroffener auszutauschen, hilft dabei, festzustellen, dass man eine Projektionsfläche ist und es nicht wirklich um die eigene Arbeit geht". Er riet: „Es ist schwer, aber man sollte nicht in den Diskurs der Angreifer*innen einsteigen, da man ihn sonst legitimiert und die Reichweite erhöht.“

© Simon Esser/Wissenschaft im Dialog

Am Vormittag fanden mehrere Workshops und Kurzvorträge parallel statt. Unter anderem wurde die Frage diskutiert: Wie funktioniert Wisskomm im ländlichen Raum? Erfahrungsberichte zeigten, dass der ländliche Raum viele Strukturen und Angebote bietet, an die Wisskomm anknüpfen kann. Praktiker*innen berichteten von Dorffesten, Vereinen, dem Umgang mit Kritik und der Bedeutung, vor Ort präsent zu sein.

Im Workshop „Welche Kompetenzen braucht es für gute Wissenschaftskommunikation? Ein Kompetenzportfolio aus der #FactoryWissKomm" ging es um die unterschiedlichen Anforderungen an Kommunikationsfähigkeiten und die Differenzierung von Rollenbildern. Als Problem wurde identifiziert, dass Wissenschaftler*innen, die sich der Kommunikation widmen, nicht schnell genug die notwendigen Kompetenzen für vielfältige Szenarien aufbauen können. Ein Lösungsansatz: Die verschiedenen Rollen und ihre Anforderungen frühzeitig kommunizieren und reflektieren, um besser vorbereitet zu sein.

In einer weiteren Session tauschten die Teilnehmer*innen Beispiele für Evaluation und Wissenstransfer in der Wissenschaftskommunikation aus. Dabei wurde die Herausforderung unterschiedlicher Kommunikationskulturen zwischen und innerhalb der Institutionen betont. Eine mögliche Lösung: Missverständnisse antizipieren und eine koordinierende Instanz einrichten, die die Richtung vorgibt.

In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um den Einsatz von KI in der Wissenschaftskommunikation. Markus Gottschling sieht in KI die Möglichkeit, Fleißarbeit auszulagern und sich wieder auf Kernkompetenzen zu konzentrieren. Er forderte mehr Reflexion über die Konsequenzen der Nutzung. Gesine Born ist überzeugt, dass die Zunahme an KI-Bildern zu mehr Wertschätzung für gute, handgemachte Fotografie und Illustration führt. Sie glaubt nicht, dass KI kreative Arbeit ersetzen wird, und plädierte dafür, KI-Werke als solche zu kennzeichnen und Prompts transparent zu kommunizieren. Esther Greussing forderte mehr Kompetenzaufbau im Umgang mit KI in der Wissenschaftskommunikation und wünschte sich mehr Gelegenheiten zum Austausch und Forschung, um Evidenz zu schaffen. Nicola Kuhrt sieht das Potenzial von KI darin, Fake News zu identifizieren und schlechte Studien zu entlarven. Sie mahnte, eine offene Neugier gegenüber KI zu bewahren und erzählte von ihren Erfahrungen mit ihren Kindern, die sie zunächst nicht verstand, als sie Menschen beim Videospielen über Livestreamingplattformen zuschauten. Später erkannte sie jedoch, dass oft coole Leute dabei sind und man dabei wirklich etwas lernen kann.

© Simon Esser/Wissenschaft im Dialog

In einer Diskussionsrunde wurden Hürden bei der Evaluation von Wissenschaftskommunikation thematisiert. „Es ist ein guter Moment, über Wisskomm und Evaluation zu sprechen“, sagte Julia Serong. „Wir dürfen nicht alles den Einzelnen überlassen: Ob die Kommunikatorin KI nutzt oder bestimmte Formate wählt. Wir müssen das gemeinsam auf übergeordneter Ebene entscheiden.“ Sie ermutigte dazu, Koordinationsstellen einzurichten und den Blick von außen zuzulassen. Evaluation solle in die strategische Planung integriert werden. Große Institute könnten dies intern umsetzen, während kleinere Akteur*innen auf Agenturen zurückgreifen können.

Den perfekten Abschluss des Tages bot ein Science Slam des Stifterverbandes, der den Teilnehmer*innen nahe brachte, was Genmanipulation, Hopfen und Chatroboter miteinander verbindet.

© Simon Esser/Wissenschaft im Dialog

Wir bedanken uns herzlich für den spannenden Austausch!