Das energetischste WG-Zimmer von Regensburg
„Elektrifiziert” ist eines der ausgezeichneten Projekte im Hochschulwettbewerb 2025. Es verbindet eine interaktive Ausstellung zum Thema erneuerbare Energien mit einem Techno-Rave und bringt so Menschen mit ganz unterschiedlichen Interessen zusammen. Im Interview spricht Projektleiterin Antonia (Toni) Kaspar über das energetischste WG-Zimmer von Regensburg und über ihre Erfahrungen bei der Umsetzung des Projekts.
von Hanna Novara
Wieso habt ihr euch mit dem Projekt beim Hochschulwettbewerb 2025 beworben?
Toni: Ich interessiere mich schon lange für Wissenschaftskommunikation und habe mich im Master auch ein bisschen darauf spezialisiert. Letztes Jahr habe ich dann in Kopenhagen einen Kurs in Wissenschaftskommunikation absolviert und darauf basierend den sogenannten Museumsrave entwickelt. Man organisiert einen Rave in einem Museum und schafft es so, dass Leute, die sich normalerweise nicht mit wissenschaftlichen Themen auseinandersetzen oder gar nicht erst ins Museum gehen würden, das Museum besuchen. Dann kam die Ausschreibung des Hochschulwettbewerbs, dass neue Projekte gesucht werden, neue Kommunikationsformate zum Thema erneuerbare Energien. Mir ist aufgefallen, dass das eine gute Möglichkeit wäre, genau dieses Konzept auszuprobieren und ich habe mich deshalb beworben.
Wie ging es nach der Bewerbung weiter?
Toni: Anfang des Jahres habe ich Bescheid bekommen, dass ich die Förderung bekommen werde. Dann habe ich mir Unterstützung von Selina gesucht, die nun Co-Projektleiterin und vor allem auch Ausstellungsleiterin des Projektes ist. Wir haben innerhalb von ein paar Monaten ein Team auf die Beine gestellt, mit dem wir eine interaktive Ausstellung in Form eines WG-Zimmers zur Energiewende organisiert und diese dann auf dem Regensburger Bürgerfest mit einem Rave eröffnet haben. Unser Kernthema dabei ist die Elektrifizierung, also das Umstellen von fossilen Energieträgern wie Öl auf Strom, beispielsweise durch Wärmepumpen, die mit Strom heizen, den man wiederum erneuerbar erzeugen kann. Deswegen heißt die Ausstellung auch „Elektrifiziert!".
Wie habt ihr das Team zusammengestellt?
Toni: Anfangs waren es nur die Leute aus dem Techno-Kollektiv und Selina, aber uns ist schnell aufgefallen, dass wir mehr Expert*innen brauchen. Selina und ich sind beide im Netzwerk Nachhaltigkeit aktiv. Das ist ein Verein mit verschiedenen Arbeitsgruppen, der sich für Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Regensburg engagiert. Von dort kamen dann auch noch Leute dazu, sowie eigene Freund*innen und Kommiliton*innen. Selina kannte aufgrund ihres Studiums da auch viele tolle, motivierte Leute und hat ein gutes Netzwerk.
Wie kann man sich diese Kombination aus Ausstellung und Rave vorstellen? Wie habt ihr das umgesetzt?
Toni: Das war tatsächlich eine Challenge! Die größte Herausforderung im Projekt war eine geeignete Location zu finden, in der wir die Ausstellung und den Rave zur Eröffnung der Ausstellung vereinen konnten. Vor allem, weil die Idee war, die Ausstellung anschließend länger geöffnet zu lassen. Dementsprechend musste die Location öffentlich zugänglich und zentral sein. Gleichzeitig musste es dort laut sein dürfen. Die Betreiber*innen der Location mussten also erstmal offen dafür sein und uns auch Vertrauen schenken. Einen Rave verbindet man auch nicht unbedingt mit Ordnung und nur Positivem. Dementsprechend bin ich sehr froh, dass wir das Degginger, ein Veranstaltungs- und Kreativort mit Gastronomie in Regensburg, gefunden haben.
Eine weitere Challenge war es, die Leute aus dem Café-Bereich, in dem der Rave stattgefunden hat, in den Ausstellungsraum zu locken, der etwas versteckt dahinter lag. Die Ausstellung war die ersten zwei Stunden sehr voll, man konnte sich fast nicht mehr umdrehen. Später hat es dann etwas abgenommen. Es waren viele vom Team mit dabei und haben die Leute herumgeführt. Es ist auch nicht irgendeine Ausstellung: Selina hatte die Idee, die Ausstellung in Form eines WG-Zimmers zu konzipieren. Die Idee dahinter ist, dass die Energiewende in diesem Zimmer wohnt und Besucher*innen sie dort besuchen können. Beispielsweise veranschaulicht die Garderobe den Strom- und Primärenergiemix von 2024 mit Schuhen und Second-Hand-Klamotten in unterschiedlichen Farben. Die Kommode ist das Herzstück des WG-Zimmers, darin sind alle Technologien, die wir für die Energiewende brauchen, verstaut und das soll zeigen: „Es ist schon alles da! Wir müssen es nur noch angehen”. Das ist natürlich besonders und hat den Vorteil, dass es im Ausstellungsbereich auch einige Sitzmöglichkeiten gibt und sich die Besucher*innen so ganz entspannt unterhalten können.
Gab es größere Probleme in der Umsetzung? Schwierigkeiten, mit denen ihr nicht gerechnet hättet?
Toni: Ich hatte mir ursprünglich vorgestellt, eine schon bestehende Ausstellung zu übernehmen, das hat allerdings nicht geklappt. Das hat den Arbeitsaufwand und den Stresspegel deutlich erhöht, da wir bis zum geplanten Event nur wenige Monate Zeit hatten. Ansonsten war es eine Herausforderung, ein Team aufzubauen. Außerdem die Veranstaltung zu kommunizieren, also Marketingaspekte. Wir haben zum Beispiel ein Plakat gebraucht und es hat ewig gedauert, dieses auszuarbeiten. Angefangen beim Aussuchen eines passenden Namens für den Rave und die Ausstellung, der Entscheidung, ob wir ein allgemeines oder zwei separate Plakate haben wollen. Da gab es super viele Elemente, die wir vereinen mussten. Wir hatten auf dem Plakat auch nicht stehen, dass es bei der Veranstaltung um die Energiewende geht, sondern nur geschrieben, dass es das energetischste WG-Zimmer der Stadt ist. Da war vielleicht auch nicht für alle intuitiv klar, dass es in der Ausstellung um erneuerbare Energien geht. Das hat für ein bisschen Verwirrung gesorgt, viele konnten sich nichts unter unserer Veranstaltung vorstellen.
Was war dein persönliches Highlight?
Toni: Das war die Eröffnung! Die Woche davor hatten wir schon angefangen aufzubauen. Also alles in die Ausstellung reinzustellen, da hat das ganze schon ein bisschen Form angenommen. Am Eröffnungstag haben wir mit Hochdruck den Rest auf die Beine gestellt. Da kam dann alles zusammen. Als wir fertig waren, haben wir angestoßen und ich habe mich umgeschaut und gedacht: „Wow, krass, dass es endlich so weit ist und krass, dass es so gut aussieht.” Da war ich einfach sehr stolz auf das Team und unsere gesamte Leistung. Mit dem Wissen: „Hätte ich mich da nicht beworben, gäbe es die Ausstellung jetzt einfach nicht.” Das war schon ein krasser Moment und einfach richtig schön. Ich glaube, wir konnten uns ganz lange nicht richtig vorstellen, wie es am Ende aussehen wird, aber wir konnten uns darauf einigen, dass es am Ende viel besser geworden ist, als wir es uns ausgemalt haben.
Gibt es etwas, was du potenziellen Bewerber*innen für den Hochschulwettbewerb noch mitgeben würdest?
Toni: Es ist eine ganz hervorragende Chance, sich auszuprobieren! Egal, was man machen möchte und wie groß oder klein das Projekt ist – die Möglichkeit, etwas umzusetzen, was man im Kopf hat, bekommt man nicht so schnell wieder. Und auch, wenn es schiefgeht, hat man es trotzdem probiert und vermutlich ist das Projekt immer noch gelungen oder man hat etwas geändert. Etwas tun ist immer besser als nichts tun. Mein Tipp: Die Chance ergreifen und Risiko eingehen. Man hat ja auch die Unterstützung von Gesa, der Projektmanagerin bei WiD und dem Projektteam des Hochschulwettbewerbs und von den anderen Teams, die einem Input geben können.
Wie geht es jetzt weiter mit dem Projekt?
Toni: Nachdem wir den Rave veranstaltet und die Ausstellung wieder abgebaut hatten, haben wir gedacht, dass es schade ist, die Ausstellung nur einmal zu zeigen, weil wir so viel Zeit investiert hatten. Wir hatten dann noch ein bisschen Budget übrig und haben deshalb beschlossen, die Ausstellung noch ein zweites Mal aufzubauen. Es gab noch ein kleineres Techno-Event und ein paar Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung, zum Beispiel einen Spieleabend. Das war alles im August. Die Ausstellung wird jetzt im November auch noch ein drittes Mal gezeigt, im Science Communication Lab im Deutschen Museum in München. Auch da ist am 22. November wieder eine Opening-Night mit DJs geplant.
Antonia (Toni) Kaspar studiert Molekulare Medizin an der Universität Regensburg. Nebenbei leitete sie zwei Jahre lang das Techno-Kollektiv „Mehr Liebe“, das Raves organisiert und seine Einnahmen an lokale Initiativen und Vereine spendet. Toni sucht gerne nach neuen Wegen, komplizierte Themen, wie beispielsweise die Klimakrise, für Menschen zugänglicher zu machen. Co-Projektleiterin und Ausstellungsleiterin ist Selina Kreß. Sie studierte Regenerative Energietechnik und Energieeffizienz an der Universität Regensburg. Mittlerweile arbeitet sie in der Projektentwicklung für Windenergie und interessiert sich dabei vor allem für Stromnetze. Mit dem Projekt will sie zeigen, wie wichtig der Austausch über die Energiewende ist.
Die Ausstellung “Elektrifiziert” ist vom 17. bis zum 30. November im Science Communication Lab des Deutschen Museums in München zu sehen. Öffnungszeiten: 9:00-17:00 Uhr.
Der Hochschulwettbewerb motiviert, fördert und begleitet junge Forschende bei der Kommunikation ihrer Forschungsprojekte. Im Wissenschaftsjahr 2025 zum Thema Zukunftsenergie wurden zehn innovative Projekte mit einem Preisgeld ausgezeichnet.
Junge Forschende aller Fachrichtungen, die sich mit der Medizin der Zukunft beschäftigen, können ihre kreativen und interaktiven Kommunikationsideen noch bis zum 30. November 2025 beim Hochschulwettbewerb 2026 einreichen.