Formate-Labor

Personen wechseln bei einer Unterhausdebatte die Plätze
© Leopoldina

Im Rahmen unserer Projekte entwickeln und erproben wir innovative Formate für die Wissenschaftskommunikation, die wir hier vorstellen.

In interaktiven Veranstaltungsreihen bringt das Engagement-Programm Wissenschaft im Dialog bundesweit Forschende und Wissenschaftler*innen ins Gespräch. Verschiedene Projekte, darunter insbesondere Wissenschaft kontrovers, haben über die Jahre innovative Formate entwickelt, erprobt und weiterentwickelt. In den Veranstaltungen soll das gegenseitige Verständnis gefördert und zur Reflexion angeregt werden: Im Dialog können Forschende Feedback der Bürger*innen direkt an ihre Institution weitergeben. Sie lernen aber auch Wünsche und Sorgen der Bürger*innen kennen, die ihrerseits mehr über die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für den Menschen erfahren.

Nachfolgend werden einige der Formate vorgestellt und erklärt. Dabei sind immer auch Anpassungen und Abwandlungen des Formats je nach persönlichem Bedarf möglich. Bei Rückfragen zur Umsetzung der jeweiligen Formate können sich Interessierte jederzeit an das Team von Wissenschaft im Dialog wenden.

Fiktive Gerichtsverhandlung

In einer fiktiven Gerichtsverhandlung soll über eine bestimmte gesellschaftliche Kontroverse, eine technische Neuerung oder einen wissenschaftlichen Durchbruch verhandelt werden.

Jurist*innen und/oder Schauspieler*innen stellen das Gericht, die Anklage und Verteidigung dar, Expert*innen fungieren als Gutachter*innen, oder ebenfalls als Vertreter*innen der Anklage und Verteidigung. Zunächst hört das Publikum den vorgetragenen Argumenten als Jury zu, berät sich im Anschluss und entscheidet dann über die überzeugendsten Argumente.

Das Format stellt einen leichten Zugang zu einem kontroversen und komplexen Themengebiet dar und bietet die Möglichkeit, ein Thema auf anschauliche Art und Weise zu vermitteln. Als Jury hat das Publikum durchweg die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen und sich aufgrund der Beleuchtung aus verschiedenen Blickwinkeln, den bestmöglichen Überblick zu verschaffen.

Eine fiktive Gerichtsverhandlung: Drei Personen in dunklen Roben sitzen an drei Tischen.
Fiktive Gerichtsverhandlung im Rahmen von Wissenschaft kontrovers 2019 in Berlin. | © Wissenschaft im Dialog

Fishbowl-Diskussion

Bei einer Fishbowl-Diskussion sitzen die eingeladenen Expert*innen und die Moderation in einem Kreis in der Mitte (plus zwei freie Stühle). Es sprechen nur die Personen, die im inneren Kreis sitzen, in Form einer moderierten Diskussion. Personen im Publikum hören zu, können sich aber jederzeit auf einen der zwei freien Stühle im Innenkreis setzen und mitdiskutieren. Die neu hinzugekommene Person hat direktes Rederecht, muss aber den Kreis verlassen, wenn eine andere Person aus dem Publikum etwas sagen möchte. In der Praxis entwickelt sich ein Kommen und Gehen, ohne dass dadurch die Debatte abbricht. Wahlweise können die Teilnehmenden vor und nach der Veranstaltung um ein Stimmungsbild mit dem Umfrage-Tool Mentimeter gebeten werden. So können Meinungsänderungen nachvollzogen werden.

Intelligence Squared

Das Format bietet die Gelegenheit bereits vorher Statements der Expert*innen zu kommentieren sowie über Social-Media Fragen zu stellen, so ist eine vielfältige Teilnahme an der Veranstaltung möglich. Diskutiert wird dabei auf einem Podium und in vier Phasen: Zuerst stellen die Expert*innen ihre Standpunkte kurz dar. Dann dürfen sich die Expert*innen gegenseitig Fragen stellen und untereinander diskutieren. Im dritten Teil ist das Publikum gefragt: Es kann sich nun per Wortmeldung oder auch online in die Diskussion einbringen. Zuletzt darf jede Expert*in ein kurzes Schlussstatement halten. Das Format wurde von der englischen Organisation Intelligence Squared erfunden, die weltweit Debatten zu gesellschaftspolitischen und kontroversen Themen veranstaltet. Die mediale und vor allem interaktive Vor- und Nachbereitung ist ein Hauptmerkmal von Intelligence Squared.

Rabbit Hole Journey

In diesem Format werden die Teilnehmenden auf eine Reise in ein „Rabbit Hole“, also in einen Kaninchenbau mitgenommen, welches mögliche Zukunftsszenarien anhand heutiger Problem- oder Fragestellungen darstellt. In der Veranstaltungsform werden vorab eingereichte Fragen, die sich auf zukünftige Entwicklungen richten, direkt aufgegriffen. In mehreren Schritten sollen die Teilnehmenden dabei interaktiv zu neuen Erkenntnissen kommen und eigenständige Gedanken zu einem bestimmten Themenbereich entwickeln. Als grundlegende Einführung stellt ein*e Expert*in eine Problemstellung vor. Im Anschluss daran beschreibt ein*e weitere*r Expert*in ein mögliches Zukunftsszenario hierzu. Im Anschluss folgt eine moderierte Diskussion unter den Forschenden. Schließlich wird die Diskussion geöffnet, und die Teilnehmenden werden von der Moderation eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen: Ist das Szenario plausibel? Möchten wir in einer solchen Zukunft leben? Welche alternativen Szenarien sind denkbar? Die Teilnehmenden sind eingeladen, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Das Format kann hiermit ermöglichen, zukunftsorientierte Diskussionen zu führen.

Science Café

Beim Science Café steht wortwörtlich die Caféhaus-Atmosphäre im Zentrum, da das Publikum in der Regel an kleinen Kaffeetischen sitzt. Zunächst führt die Moderation in die Thematik ein, im Anschluss machen sich die Publikumsteilnehmer*innen an Kaffeetischen untereinander bekannt und unterhalten sich über den Grund des Kommens. Nachdem ein bis zwei wissenschaftliche Referent*innen unterschiedliche Aspekte des Themas beleuchtet haben, diskutiert das Publikum untereinander anhand von zwei bis drei vorbereiteten Fragen. Nach dieser Runde werden Fragen aus dem Publikum an die Expert*innen gestellt und Standpunkte diskutiert. Hierzu liegen an jedem Tisch Stift und Papier bereit, damit die Gedanken der Gäste gleich festgehalten werden können. Zum Abschluss holt die Moderation ein Resümee bei den Teilnehmenden ein.

Showdebatte

Die Showdebatte verspricht unterhaltsame Wissenschaftskommunikation und Spaß für die ganze Familie. In dem Format treten Expert*innen in zwei Teams in einem simulierten Wettbewerb gegeneinander an, um die Gunst des Publikums für sich zu gewinnen. In kurzen Präsentationen von maximal sechs Minuten, sogenannten Pitches, versuchen die Expert*innen die Zuschauenden für ihre Forschung zu begeistern. Das Format ermöglicht es, wissenschaftliche Inhalte und Methoden kurzweilig und niedrigschwellig zu vermitteln. Durch den inszenierten Wettbewerb werden Forschende motiviert, ihre Arbeit anschaulich, humorvoll und auf den Punkt zu präsentieren. Der Wettkampfcharakter fördert zudem die Sympathie und Identifikation des Publikums mit den Expert*innen. Auf diese Weise kann das Format Neugier für verschiedenste wissenschaftliche Themen wecken. Darüber hinaus kann durch den spielerischen Ansatz ein diverses Publikum erreicht werden.

Erfahrungen und praktische Tipps zur Showdebatte sind in einem WiD-Labor-Artikel zusammengefasst: Zum Artikel

Ein großer Saal mit einer Bühne. Auf der Bühne sitzen mehrere Personen, eine Frau spricht. Der Saal ist vollbesetzt.
© Kristin Küter / WiD

Unterhausdebatte

Die Unterhaus-Debatte orientiert sich am britischen House of Commons („Unterhaus“) und der dortigen Debattenform. Sie ist eine Möglichkeit der Diskussionsgestaltung, in der sich die Positionen zu einer kontroversen Frage unmittelbar gegenüberstehen. Das Publikum sitzt sich bei diesem Format jeweils in Stuhlreihen gegenüber und ist aufgerufen, seine Positionen durch die Sitzplatzwahl zum Ausdruck zu bringen. Beteiligt sind auch mehrere Expert*innen mit unterschiedlichen Perspektiven oder Erfahrungen zum jeweiligen Thema, die jeweils zu Beginn einen kurzen Input geben. Im Laufe der Veranstaltung wird das Publikum direkt adressiert, mit kontroversen Statements oder Fragen, die in der Regel mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Die Bürger*innen positionieren sich entsprechend auf einer Seite des Raumes. Im Anschluss holt die Moderation Begründungen zur Entscheidung aus dem Publikum oder Einschätzungen seitens der Expert*innen ein. Ziel ist es, dass Zuhörende und Forschende über kontroverse Statements und Themen in einen Austausch treten.

Das Format kann auf unterschiedliche Weise ausgestaltet werden. Dies betrifft insbesondere die Rolle der Expert*innen. Diese können sich entweder direkt positionieren und mitdiskutieren, oder die Debatte als außenstehende Expert*innen beobachten und die Fragen und Positionen aus wissenschaftlicher Sicht einordnen. Je nach Bedarf kann auch eine Paneldiskussion unter den beteiligten Expert*innen in das Format integriert werden, oder Fokus stärker auf die Diskussion mit dem Publikum verbleiben.

Personen sitzen sich in einem großen Saal auf zwei Seiten gegenüber. Vorne stehen zwei Moderator*innen.
Wissenschaft kontrovers-Unterhausdebatte im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften in Halle. | © Kristin Küter / WiD

Wissenschaft im Fokus

In kurzen, anschaulichen Präsentationen stellen drei bis vier junge Forschende oder Forschungsteams sich, ihr Projekt und ihre Ergebnisse zu einem bestimmten Gebiet vor. Die Forschenden werden hierfür vorab von der Moderation vor- und die Forschungsergebnisse kreativ aufbereitet. Das Publikum notiert während der Präsentationen Fragen und Anmerkungen auf Notizzetteln. Diese werden eingesammelt, vom*von der Moderator*in vorsortiert und spontan einige Fragen ausgesucht, die dann dem Publikum und den Forschenden vorgetragen werden. Im Anschluss hat das Publikum die Möglichkeit durch Applaus darüber abzustimmen, welche der Präsentationen ihnen am besten gefallen hat. Die Gewinner*in nimmt an der anschließenden Podiumsdiskussion mit weiteren eingeladenen Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis teil. Hier ist nun auch das Publikum gefragt, sich mit Wortmeldungen zu beteiligen. Fragen, welche nicht vorgetragen wurden, werden im Anschluss an die Veranstaltung online veröffentlicht und können dort von den Wissenschaftler*innen beantwortet werden. Begleitet werden die Veranstaltung von einem Kamerateam, das ein Highlight-Video mit Stimmen und Eindrücken vom Abend produziert.

Wissenschaftsvarieté

Wissenschaft, Varieté und Musik werden in diesem Format verbunden. In Salons trafen schon seit der Aufklärung Forschende auf Literatur-, Musik- und bildende Kunstschaffende zum interdisziplinären Austausch. Bei diesem Format werden in entspannter Atmosphäre Themen diskutiert, weiterverbreitet und neue Anregungen und Perspektiven gewonnen. Wissenschaftsfelder und Forschungsarbeiten werden aus ungewöhnlichen Perspektiven vorgestellt. Zur Auflockerung werden Musikeinlagen geboten und Verbindungen in die Hoch- und Popkultur, wie auch in die Geschichte, auf unterhaltsame Weise aufgezeigt. Dies geschieht wortgewandt, schräg und musikalisch mit Darbietungen von Luftakrobatik, Jonglieren, Musikstücken wie auch literarischen Vorträgen oder Theaterinszenierungen. Verständnis für und Zugang zum vorgestellten Forschungsgebiet stellt sich so beim Publikum auf unterhaltsame Art und Weise ein. Die anwesenden Forschenden sind bei der Vorbereitung des Abends ebenfalls eingebunden und gestalten diesen mit.