Wisskolumm – Kolumne von Wisskomm.de

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25. Oktober 2023

Was ist eigentlich los in der Wissenschaftskommunikation? Womit beschäftigt sich die Community? Wer genau macht eigentlich was und auf welcher Basis? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Portal www.wissenschaftskommunikation.de. Projektleiter Michael Wingens fasst für uns einmal im Monat seine ganz persönlichen Highlights aus den unterschiedlichen Bereichen in einer Kolumne zusammen.

von Michael Wingens

Debatte des Monats

Die Debatte um das Gendern wird seit Jahren kontrovers geführt. Im Rahmen unseres aktuellen Schwerpunktthemas Diversität haben wir zwei Expert*innen gefragt, wie sie es mit dem Gendern in der Wissenschaftskommunikation halten. Für Juristin und Fernsehautorin Christine Olderdissen liegt der Vorteil des Genderns in der Präzision. Insbesondere in der Wissenschaft, die sich durch Genauigkeit auszeichnen sollte, sei das generische Maskulinum ungenügend. Sie fordert, dass eine präzise und geschlechtergerechte Sprache Teil der Lehre sein sollte. Anders sieht das der Sprachphilosoph Philipp Hübl. Aus seiner Sicht gibt es keine guten Belege für die These, dass die deutsche Grammatik männlich geprägt ist. Studien, die zeigen, dass sich gendergerechte Sprache positiv auf die Sichtbarkeit von Frauen und nicht-binären Personen auswirken kann, hält er wissenschaftstheoretisch für fragwürdig. Stattdessen sei Gendern das Latein der neuen Eliten, da es schwer zu erlernen sei und eine Zugehörigkeit zur demonstrativ progressiven „kulturellen Klasse“ signalisiere. 

Interview des Monats

Die Initiative #DiverSci setzt sich dafür ein, dass Inklusion, Vielfalt und soziale Gerechtigkeit ganz oben auf die strategische Agenda von Organisationen für Wissenschaftskommunikation stehen. Im Interview berichtet Lewis Hou von regelmäßigen digitalen Treffen einer „Community of Practice“, in denen sich Mitglieder des Netzwerks über diverse Themen austauschen, von der Arbeit mit älteren Zielgruppen, Gerechtigkeitsarbeit in Bezug auf Gender oder den globalen Klimawandel. Hou wünscht sich einen größeren Einfluss der Öffentlichkeit und der Förderung von Communities, um eine führende Rolle in der Wissenschaftskommunikation zu gesellschaftlich relevanten Themen einzunehmen.

Gastbeitrag des Monats

Der globale Hype um Künstliche Intelligenz ist ungebrochen. Nach Jahren, in denen die Fortschritte auf dem Gebiet allenfalls Fachkreisen zugänglich waren, vergeht inzwischen kaum ein Tag, an dem nicht neue Tipps und Tricks rund um KI-Anwendungen vorgestellt werden. Doch hinter dem großen Potential steht auch die Frage, wie gut darüber berichtet werden kann. In seinem Gastbeitrag stellt der Journalist Marcus Anhäuser Kriterien als Recherchehilfen für den Redaktionsalltag vor. Er argumentiert, dass ähnlich wie bei anderen wissenschaftlichen Themen kaum ein Journalist die Möglichkeit habe, sich die Kenntnisse einer spezialisierten Techjournalistin anzueignen. Die Aufgabe sei deshalb, robuste Kriterien als Recherchehilfen bereitzustellen, um die „Black Box KI“ zumindest ein wenig zu erhellen. 

Forschungsergebnis des Monats

TikTok wird vor allem mit kurzweiligen und unterhaltsamen Inhalten assoziiert. Trotz einer stetig wachsenden Community steckt die Wissenschaftskommunikation auf diesem Kanal noch in den Kinderschuhen. Was passiert also, wenn Nutzer*innen mit ernsten Informationen zu Gesundheitsthemen konfrontiert werden? Das haben Forschende der University of Texas at Austin und von der University of Houston in einem Experiment mit Videos zu COVID-Impfungen untersucht. Das Ergebnis: Nicht alle Nutzer*innen denken, dass TikTok ein reiner Unterhaltskanal ist. Dennoch haben die ernsthaften Videos nicht wenige befragte Gruppen überrascht. Was die Forschenden daraus schlussfolgern, ist im Forschungsrückblick zu lesen.

Profile des Monats

Mai Thi Nguyen-Kim ist in Elternzeit, doch ihre Sendung MAITHINK X läuft trotzdem weiter. Jede Folge wird von einer anderen Vertretung übernommen. Wir haben die Gastmoderator*innen gefragt, wie es für sie war, eine Wissenschaftssendung zu moderieren. Für Salwa Houmsi war das Thema der Sendung „Wir sind alle Verschwörungstheoretiker“ bekanntes Terrain: Die Moderatorin und Journalistin hat sich bereits in einer Dokumentation über Xavier Naidoo mit Verschwörungserzählungen auseinandergesetzt. Spannend für sie war, das Thema wissenschaftlich zu betrachten und die Denkmuster dahinter zu erklären. Für Reporterin Aminata Belli stand fest, dass sie eine Folge zu Klassismus machen möchte, ein Thema, worüber noch zu wenig gesprochen werde. Die Moderatorin war beeindruckt vom großen wissenschaftlichen Team der Show, das alle Inhalte bis kurz vor Showbeginn einem intensiven Faktencheck unterzieht.