Nachgefragt bei Matthias Fejes
In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.
von Ursula Resch-Esser
In der sechsundsiebzigsten Ausgabe sprechen wir mit Matthias Fejes. Matthias Fejes ist Stellvertretender Pressesprecher an der TU Chemnitz und entwickelt dort neue Formate für eine strategische und reichweitenstarke Wissenschafts- und Hochschulkommunikation.
Ein*e gute*r Kommunikator*in braucht…?
…einen hohen Qualitätsanspruch, strategisches Verständnis, einen guten Blick für Menschen und Themen, ein offenes Ohr, Empathie und Humor – am besten in dieser Kombination – Lust auf Neues und ja, auch gute Coping-Strategien.
Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten?
Ich habe mich im akademischen Umfeld schon seit dem Studium sehr wohlgefühlt. Auch als ich anschließend erstmal in den Journalismus gegangen bin, habe ich bevorzugt über Uni- und Forschungsthemen berichtet. Wo sonst hat man die Möglichkeit, in einem so dynamischen Umfeld so vielen leidenschaftlichen und inspirierenden Persönlichkeiten zu begegnen und Forschung zu vermitteln, die vielleicht mal unsere Zukunft verändern wird? Aus dieser Begeisterung heraus habe ich mich für die Wissenschaftskommunikation entschieden – und weil ich sehr gern etwas zur Weiterentwicklung und Professionalisierung unseres Berufsstandes beitragen möchte.
Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?
Inspirierend, innovativ und immer nah am Menschen.
Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikator*in?
Da muss ich zunächst das Jahr 2019 nennen. Da wurden wir als TU Chemnitz mit dem „Preis für Hochschulkommunikation“ ausgezeichnet. Während der Ereignisse von Chemnitz und danach konnte ich miterleben, wie unsere Universität im wahrsten Sinne als Familie zusammengehalten hat und für Weltoffenheit und Toleranz eingetreten ist. Eine beruflich ganz besonders prägende und kommunikativ sehr intensive Zeit.
Ein weiteres Erlebnis, das ich regelmäßig mache, betrifft die vielen Situationen, in denen ich ForscherInnen helfen kann, dass ihre Erkenntnisse „gesehen“ werden. Die Dankbarkeit und Wertschätzung, die man als KommunikatorIn zurückbekommt, ist für mich ein Grund, warum dieser Beruf so schön und besonders ist.
Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?
Ohne jetzt an einen konkreten Fall zu denken, bin ich der Ansicht, dass Kommunikation dann misslingt, wenn man sich über seine Botschaften und die Haltung dazu nicht im Klaren ist, nicht dahinter steht und sich die Folgen nicht klar macht. Wenn man vor einer Kommunikation unsicher ist, kann auch das vertrauensvolle Gespräch mit erfahrenen KollegInnen helfen. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem Bundesverband Hochschulkommunikation so ein großartiges und familiäres Netzwerk mit so viel versammelter Expertise haben. Mit transparenter, aufrichtiger und empathischer Kommunikation kommt man aber auch in einer verfahrenen Situation sehr oft weiter.
Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?
Dass ich gern allen unseren ForscherInnen gerecht werden möchte, es aber oft und vor allem aus Zeitgründen nicht schaffe. Glücklicherweise lässt sich im Gespräch in der Regel immer eine Lösung finden. In solchen Fällen zeigt sich auch, welche Qualitäten man in der Kommunikation außerhalb des Herstellens von Verständnis und Sichtbarkeit benötigt – sich auf seine internen und externen PartnerInnen und ihre Wünsche wirklich einzulassen.
Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?
Puh, eine schwierige Frage, weil es so viele spannende Persönlichkeiten gab und gibt. Deswegen würde ich gern zwei Personen aus zwei unterschiedlichen Feldern nennen. Zum einen Stephen Hawking, mit dem ich als Science-Fiction-Fan gern Raumfahrt-Szenarien entwerfen würde. Und zum anderen den Regisseur, Schauspieler, Autor, Maler, Sounddesigner… David Lynch, von dem ich gern erfahren würde, wie man über Jahrzehnte auf so vielen Feldern so kreativ bleiben kann.
Ihre Lieblingswissenschaft?
Jede Woche eine neue. Aktuell finde ich alles rund um das Thema „Mikrorobotik und Nanomembranen“ sehr spannend (Stichwort: Science Fiction). Nächste Woche ist es vielleicht die Thermodynamik oder die Polymerchemie und übernächste mittelalterliche Literatur. Die Vielfalt an Fächern, Menschen und Ideen macht den Reiz einer großen akademischen Einrichtung aus.
Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?
Es ist mein Beruf, Forschung zu kommunizieren und grundsätzlich hat jede unserer ForscherInnen das Recht, dass wir uns ihr Thema anschauen und bestmöglich aufbereiten. Wichtig ist, dass Erkenntnisse, Daten und Hintergründe so vorliegen, dass eine Kommunikation den Ansprüchen gerecht werden kann, wie sie zum Beispiel in überinstitutionellen Qualitätsstandards wie denen zur guten Wissenschafts-PR verfasst sind.
Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?
Mein Wunsch ist, dass wir Forschung noch stärker in die Stadtgesellschaft hineintragen. Es geht um die Frage, wie man Wissenschaft dauerhaft sichtbar, zugänglich und ansprechbar in der Stadtmitte und Stadtgesellschaft verankern kann. Ein Patentrezept habe ich leider (noch) nicht, aber Mittel und Zeit würden sicher helfen ;).
In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?
Einen Bereich habe ich mir schon selbst erschlossen – nämlich als Trainer im Bereich „Kommunikation“. Es macht mir wahnsinnig viel Spaß, Wissen und Erfahrungen zu vermitteln. In einem anderen Leben würde ich gern auch Abenteuer-Touren – Trekking und Climbing – für außergewöhnliche Erfahrungen entwickeln.
Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 ist …
… ein ganz selbstverständlicher Teil unseres Alltags. Insofern sind evidenzbasierte Erkenntnisse auch akzeptierte Grundlage von gesellschaftlichen Richtungsdebatten und vorausschauenden Entscheidungen zum Wohle der Menschheit. Ich muss aber auch gestehen, dass es mir bei den vielfältigen jüngsten und aktuellen Herausforderungen gerade etwas schwer fällt, so weit in die Zukunft zu schauen.
Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte?
Damit tue ich mich ebenfalls etwas schwer, weil wir in so vielen Bereichen auf den Schultern von Riesen stehen. Deswegen hier nur meine ganz persönliche Top-Errungenschaft: Die Erfindung des Telefons (und alle Weiterentwicklungen bis hin zum Smartphone) hat Kommunikation in einer Art und Weise verändert, die man in ihrer Tragweite kaum in Gänze beschreiben und erfassen kann. Hinter der Erfindung steckt übrigens auch eine sehr spannende Geschichte. Die will ich hier aber nicht verraten und verweise stattdessen auf den hörenswerten Podcast „Geschichten aus der Geschichte“, in Episode #358 geht es um die Erfindung des Telefons.
Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?
Als Abenteuer mit unendlichen Möglichkeiten.
Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?
Auf dem Rennrad, während einer steilen Abfahrt, vor landschaftlich reizvoller Kulisse.
Kolleg*innen helfe ich gerne bei…/Ich stehe gerne Rede und Antwort zu…?
…allen Fragen rund um qualitativ hochwertige, strategische und multimedial anspruchsvolle Wissenschaftskommunikation.
Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie dieser Person gerne stellen?
Da gibt es sehr viele Menschen, von denen ich gern auf diese Weise mehr erfahren würde. Aufgrund einer kürzlichen und sehr inspirierenden Begegnung auf der „re:publica22“: James Beacham vom CERN.
Matthias Fejes ist seit 2017 Stellvertretender Pressesprecher an der TU Chemnitz und entwickelt dort neue Formate für eine strategische und reichweitenstarke Wissenschafts- und Hochschulkommunikation. Seit 2018 ist er Sprecher der Initiative Qualität von Hochschulkommunikation (IQ_HKom), Mitglied im erweiterten Vorstand des Bundesverbands Hochschulkommunikation und Mitglied des Projektbeirats der Impact Unit "Wirkung und Evaluation in der Wissenschaftskommunikation" (Wissenschaft im Dialog). 2019 erhielt er mit der TU Chemnitz den "Preis für Hochschulkommunikation".