Nachgefragt bei Lorna Schütte
In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.
von Ursula Resch-Esser
In der dreiundsiebzigsten Ausgabe sprechen wir mit Lorna Schütte. Sie ist selbstständige Graphic Recorderin & Illustratorin aus Berlin und erstellt auf ihrem iPad visuelle Zusammenfassungen von Veranstaltungen.
Ein*e gute*r Kommunikator*in braucht…?
Einfühlungsvermögen! Den eigenen Standpunkt oder das eigene Forschungsthema zu verstehen ist einfach, aber um gut zu kommunizieren, muss man sich in die andere Person(-engruppe) hineinversetzen und verstehen, welche Geschichte und Erfahrungen diese prägen.
Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten?
Als Graphic Recorderin liegt es mir am Herzen, wichtige Themen zu visualisieren. Und das ist das Schöne an der Wissenschaftskommunikation, die Themen sind meist äußerst relevant. Daher habe ich mich schon bei meiner Masterarbeit für ein wissenschaftskommunikatives Thema entschieden und Wissenschaftscomics untersucht. Dafür, dass ich immer noch in diesem Bereich arbeiten darf, bin ich sehr dankbar!
Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?
Vielseitig, spannend & kreativ
Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikator*in?
Eine Visualisierung, die einen Streitpunkt aufgelöst hat. Durch das Aufnehmen dieses schwierigen Punktes als Dissens im Graphic Recording und die dazugehörige Kommunikation, dass dieser Aspekt nicht verloren geht, konnte die Diskussion erfolgreich weitergeführt werden.
Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?
Ein richtiges Desaster habe ich zum Glück noch nicht erlebt. Aber falls es passiert, hoffe ich, dass ich daraus gut lernen kann und nicht zu streng mit mir bin. Wir machen ja alle mal Fehler :)
Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?
Vermutlich mein eigener Anspruch an mich selbst. Aber das ist das Schöne am Graphic Recording - wenn die Veranstaltung vorbei ist, ist auch das Bild so gut wie fertig, da bleibt nicht viel Raum für Perfektionismus! Außerdem geht es ja hierbei auch nicht um perfekte Figuren mit anatomisch korrekten Händen, sondern um wirkungsvolle Metaphern, die die Inhalte zusammenfassen und zum Nachdenken anregen.
Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?
Keine spezifische Person, sondern mit Menschen aus verschiedenen Zeitepochen. Unser Verständnis der Vergangenheit ist meist stark durch Filme geprägt und historisch häufig nicht sehr authentisch. Wenn ich mich mit Menschen aus verschiedenen Zeiten in der Vergangenheit unterhalten könnte, wäre das bestimmt sehr erkenntnisreich.
Ihre Lieblingswissenschaft?
Ich habe Medienpsychologie im Master studiert, die mag ich wirklich sehr gern, und natürlich auch grundsätzlich die Psychologie und alle angrenzenden Wissenschaften. Aber auch Biologie und Genetik finde ich immer sehr faszinierend.
Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?
Da kann ich so eigentlich kein Thema ausschließen. Bei manchen Themen brauche ich persönlich etwas mehr Zeit zur Einarbeitung, aber das Tolle ist ja, das man immer etwas Neues lernt. Manchmal sind es Fun Facts für die nächste Party („wusstet ihr, dass Wale eigentlich Paarhufer sind?“) und manchmal ist es lebensverändernd. Ich versuche, an alle Projekte mit der gleichen Offenheit heranzugehen!
Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?
Ich habe vor einiger Zeit begonnen, Gebärdensprache zu lernen. Dafür habe ich das Fingeralphabet mit der passenden Handgeste gezeichnet und als Schriftsatz zum Herunterladen zur Verfügung gestellt, damit man seinen eigenen Namen zumindest buchstabieren lernen kann. Dieses Projekt würde ich gern weiterführen, wirklich Gebärdensprache lernen und auch hier wieder die Ergebnisse offen teilen.
In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?
Wenn ich nicht in der Wissenschaftskommunikation arbeiten könnte, dann wäre es vermutlich der zweite Bereich, in dem ich tätig bin, die Illustration.
Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 ist …
… hoffentlich stark in der wissenschaftlichen Ausbildung verankert und von allen Beteiligten als wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit wertgeschätzt!
Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte?
Das ist eine schwierige Frage. Für mich sind auf jeden Fall Impfungen mit ganz oben dabei, und das nicht erst seit Corona. Und dass das englische Wort vaccine vom Wort für Kuh (Vacca) kommt, macht das Ganze noch ein kleines Stückchen cooler!
Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?
Die Zukunft habe ich mir vor allem sehr grün vorgestellt, mit großen, lichtdurchfluteten Häusern und vielen Pflanzen. Aber vor allem mit viel Raum für Kreativität und Kunst :)
Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?
Wenn ich bei meiner Arbeit gestresst bin, ist das meistens, weil ich zu viele spannende Dinge gleichzeitig machen und am liebsten noch so viele neue Fähigkeiten lernen möchte. Dann hilft es mir, alles erstmal aufzuschreiben und wieder einen klaren Fokus zu bekommen. Und wenn gar nichts hilft, dann hilft eigentlich immer frische Luft und ein Skizzenbuch für lockere Zeichnungen.
Kolleg*innen helfe ich gerne bei…/Ich stehe gerne Rede und Antwort zu…?
Ich helfe gern dabei, komplexe Sachverhalte erstmal zu sortieren, zu visualisieren und gemeinsam eine Übersicht zu gestalten, aber auch für emotionale Themen bin ich natürlich immer gern da. Und sollte sich jemand verletzen, bin ich als Sanitäterin und Erste-Hilfe-Ausbilderin selbstverständlich mit dem Verbandkasten zur Stelle!
Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie dieser Person gerne stellen?
Ich würde diesen Fragebogen gern an Klimaforscher:innen weiterleiten, denn die brauchen gerade jede mögliche Plattform, die sie bekommen können. Gerade in diesem Feld würde mich interessieren, welche Formen der Wissenschaftskommunikation aus ihrer Sicht hier besonders gut funktionieren.
Lorna Schütte ist selbstständige Graphic Recorderin & Illustratorin aus Berlin und erstellt auf ihrem iPad visuelle Zusammenfassungen von Veranstaltungen. Für die Wissenschaftskommunikation interessiert sie sich mindestens seit ihrer Masterarbeit im Fach Medienpsychologie. Bei ihren Visualisierungen liegen ihr besonders eine klare Struktur und starke Bilder am Herzen.