Nachgefragt bei Christiane Attig

Christiane Attig ist Ingenieurpsychologin und Podcasterin. In ihren Podcasts beschäftigt sie sich unter anderem mit Psychologie im Film und der Sichtbarmachung von Frauen und nichtbinären Menschen in der Wissenschaft. | © Foto: NaWik
23. Februar 2023

In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.

von Alena Weil

In der einundachtzigsten Ausgabe sprechen wir mit Christiane Attig. Christiane Attig ist Ingenieurpsychologin an der Technischen Universität Chemnitz. Außerdem ist sie Podcasterin sowie Dozentin für Wissenschaftskommunikation am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation.

Ein*e gute*r Kommunikator*in braucht…?

Begeisterung für ihr Thema. Eine persönliche, authentische Leidenschaft macht reine Wissensvermittlung zum Erlebnis.

Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten? 

Die Begeisterung für mein Thema! Ich habe während meines Promotionsstudiums im Bereich Psychologie ersten Schritte in die WissKomm gewagt. Zunächst ganz klassisch über Pressemitteilungen, in denen publizierte Befunde zu meinem Promotionsthema – die Interaktion mit Aktivitätstrackern – für Menschen außerhalb der wissenschaftlichen Community zugänglich gemacht wurden. Das führte dann dazu, dass ich in den Podcast Methodisch inkorrekt eingeladen wurde, um über meine Forschung zu sprechen. Diese Erfahrung war für mich sehr prägend, denn ich habe bemerkt, wie viel Spaß es macht, über Wissenschaft zu podcasten. Und: dass es Leute gibt, die sich tatsächlich für meine Themen interessieren! So kam das Vorhaben auf, selbst einen Podcast zu starten. Ein paar Monate später ging dann Brainflicks, ein Podcast über Psychologie im Film, an den Start. Mittlerweile sind diverse weitere Podcastprojekte entstanden und ich bin auch in sozialen Netzwerken in der WissKomm-Mission unterwegs. Irgendwann wurde ich dann dem Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation zur Unterstützung des Dozent*innen-Teams vorgeschlagen. Es hat geklappt und ich bin sehr glücklich sagen zu können, dass ich neben den ganzen privaten Projekten und der hauptberuflichen Tätigkeit in der Wissenschaft auch in der Wissenschaftskommunikation arbeite. 

Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?

Unvorhersagbarkeit, Neugier, Kaffee.

Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikator*in?

Ich würde sagen, das fand erst vor kurzem statt. Meine Podcastkollegin Rebecca Moltmann und ich wurden vom Futurium in Berlin eingeladen, in ihrem Haus eine Live-Episode unseres Podcasts „Science S*heroes“ vor Publikum aufzunehmen. Ich fand die Erfahrung ganz wundervoll, die Stimmung im Publikum sofort wahrnehmen zu können und die unglaublich klugen Fragen und Kommentare der Menschen zu hören. Podcastaufnahmen finden ja sonst sehr isoliert statt und Feedback bekommt man im Kontrast zu anderen Medien wie YouTube eher selten. Direkt zu merken, wie Inhalte ankommen, war toll. Und vor allem natürlich, unserer fantastische Gästin Hanna Pfeifer, Politikwissenschaftlerin an der Uni Frankfurt, zuzuhören und von ihr zu lernen. Das war wirklich ein sehr schöner Abend.

Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?

Das muss erst noch geschehen.

Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?

Dass ich am liebsten immer Musik hören würde. Beim wissenschaftlichen Schreiben oder bei der Podcastproduktion lässt sich das aus unterschiedlichen Gründen aber nicht (immer) umsetzen.

Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?

Mit Simone de Beauvoir. Ich würde gern wissen, wie sie über Weiterentwicklungen ihrer eigenen Ideen zum Verhältnis der Geschlechter, über die Debatten, mit denen wir uns heutzutage immer noch herumschlagen und über Netzfeminismus denkt.

Ihre Lieblingswissenschaft?

Die Psychologie, wobei ich in den letzten Jahren erfahren durfte, wie sehr ich es genieße, wenn mich die Philosophie intellektuell fordert. 

Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?

Ich bin überzeugt, dass jedes wissenschaftliche Thema toll kommunizierbar ist, wenn man es schafft, Begeisterung und Faszination zu wecken oder die persönliche Betroffenheit herauszustellen. Ich selbst würde allerdings diese Energie nur ungern in die Vermittlung von ingenieurwissenschaftlichen Erkenntnissen stecken – und das, obwohl ich Ingenieurpsychologin bin. Mich interessiert, wie Menschen Technologien nutzen, aber eher weniger, wie Technologien funktionieren oder funktionieren könnten.  

Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?

Dann würde ich vermutlich einen aufwendigen Feature-Podcast zur Forschung von Frauen und nicht-binären Personen produzieren wollen. Quasi Science S*heroes 2.0. Herumreisen, mit den Forscher*innen persönlich sprechen, ihren Forschungsalltag akustisch erfassen und mit eigenen Recherchen anreichern.

In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?

In der Wissenschaft. Glücklicherweise darf ich beides.

Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 ist …

… in den Köpfen als unverzichtbarer Teil der Wissenschaft angekommen.

Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte? 

Anästhetika.

Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?

Wie in der Zeichentrickserie „Die Jetsons“. Pastellfarben, mit Robotern, die die Hausarbeit erledigen und fliegenden Autos.

Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?

Mit Musik oder Podcasts auf den Ohren spazieren gehen.

Ich stehe gerne Rede und Antwort zu…?

All things Podcast. Podcasts sind mein Lieblingsmedium zur Wissenschaftskommunikation und ich bin privat leidenschaftliche Hörerin. Ich vermittle gern mein Wissen über die Produktion von Podcasts, aber mich interessiert auch das Medium als Forschungsgegenstand.

Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie dieser Person gerne stellen?

Anna-Barbara Heindl, die den Podcast „Methoden:koffer“ produziert. Ich würde von ihr wissen wollen, welchen Herausforderungen sie bei der Vermittlung von sozialwissenschaftlichen Methoden begegnet. Ich glaube, dass Podcasts aufgrund der vielen Freiheitsgrade in Bezug auf die thematische und zeitliche Gestaltung ein riesiges Potenzial zur Darstellung sehr komplexer Informationen und Zusammenhänge besitzen. Wie es beispielsweise bei wissenschaftlichen Methoden der Fall sein kann. Methoden verständlich und gleichzeitig unterhaltsam darzustellen, halte ich für die Königsdisziplin der Wissenschaftskommunikation. Daher interessieren mich ihre Erfahrungen dazu.

Christiane Attig ist Ingenieurpsychologin und wissenschaftliche Koordinatorin des Sonderforschungsbereichs „Hybride Gesellschaften“ an der Technischen Universität Chemnitz. Sie forscht unter anderem zur Mensch-Technik-Interaktion und zu Podcasting. Seit 2018 produziert Attig selbst mehrere Podcasts. In ihrem Podcast „Science S*heroes“ widmet sie sich gemeinsam mit Co-Moderatorin Rebecca Moltmann der Sichtbarmachung von Frauen und nicht-binären Menschen in der Wissenschaft. Seit 2021 ist Christiane Attig freie Dozentin am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik).