IdeenLauf unter der Lupe – Erfahrungen aus der Begleitforschung zur Partizipationsinitiative
Was lässt sich aus dem IdeenLauf für die Gestaltung zukünftiger Partizipationsformate mitnehmen? Im Rahmen der Begleitforschung hat Imke Hedder das Projekt untersucht und spricht über die gesammelten Erfahrungen.
Wie lautet Ihre Frage für die Wissenschaft? Im Wissenschaftsjahr 2022 waren Bürger*innen aufgerufen, ihre Fragen an die Forschung zu stellen. Mehr als 14.000 Fragen gingen in der zentralen Mitmachaktion, der Partizipationsinitiative IdeenLauf, ein. Rund 100 Bürger*innen und Wissenschaftler*innen haben über Monate hinweg in verschiedenen Gremien zusammengearbeitet, um daraus ein Ergebnispapier mit Impulsen für die Forschung von morgen zu gestalten.
Wie schafft man es, dass eine so intensive, langfristige Zusammenarbeit zwischen so vielen Menschen gut gelingt? Darum ging es in der Begleitforschung zum IdeenLauf, deren zentrale Ergebnisse inzwischen veröffentlicht wurden. Im Interview spricht Imke Hedder, Projektmanagerin im Bereich Qualität und Transfer bei WiD, über ihre Erfahrungen und Learnings. Dabei gibt sie auch Hinweise für alle, die ebenfalls eine begleitende Forschung zu ihrem Partizipationsvorhaben planen.
Warum war es wichtig, eine Begleitforschung in den IdeenLauf zu integrieren?
Der IdeenLauf war etwas ganz Neues: Eine Initiative auf nationaler Ebene, die Bürger*innen in das wissenschaftliche Agenda Setting mit einbezieht. Das gab es so in Deutschland noch nicht. Mit der Begleitforschung wollten wir diesen innovativen Ansatz dokumentieren, um daraus für zukünftige Formate zu lernen. Gleichzeitig ging es darum, die Zusammenarbeit der Gremien – Citizen Panel, Science Panel, Fachjury – laufend zu beobachten und mit ihnen zu reflektieren. Denn: Ein angenehmer und produktiver Austausch der Gremien war zentral für den Erfolg des Projekts. Zur Begleitforschung gehörte daher auch, immer mal wieder bei den Gremienmitgliedern nachzuhorchen, wie die Arbeit läuft und was wir verbessern können – und dieses Feedback in den Prozess zurückzuspielen.
Wie sah die Arbeit in der Begleitforschung konkret aus?
Meine Arbeit bestand darin, Befragungen und Beobachtungen zu planen, umzusetzen, auszuwerten und die Erkenntnisse weiterzugeben, damit sie im weiteren Verlauf berücksichtigt werden konnten. Im Alltag bedeutete das vor allem, zwischen den Teams hin- und herzuspringen: Evaluationspläne in Absprache mit der wissenschaftlichen Leitung unseres Bereichs “Qualität und Transfer” zu entwickeln, und gleichzeitig im Austausch mit dem Projektbüro zu sein, das den IdeenLauf koordinierte, um keine Entwicklungen zu verpassen.
Dass die Begleitforschung in einem anderen Bereich verortet war, war uns wichtig, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden. Deshalb war ich auch nicht in die Gestaltung des IdeenLaufs involviert, habe also keine Entscheidungen getroffen, sondern nur Empfehlungen auf Basis der Daten abgeleitet.
Ist deine besondere Rolle als Begleitforscherin auch von den Gremienmitgliedern so wahrgenommen worden? Wie hast du es geschafft, dass sie sich dir anvertrauen?
Hier spielt Kommunikation eine wichtige Rolle: Wir haben von Anfang an kommuniziert, dass ich die Begleitforschung übernehme, aber selbst nicht direkt am IdeenLauf beteiligt bin. Vor den Interviews habe ich die Gremienmitglieder über die Vertraulichkeit der Gespräche aufgeklärt und ihnen erklärt, was mit den Ergebnissen passiert.
Meine Erfahrung war, dass die Gremienmitglieder sehr ehrlich und konstruktiv waren und keine Sorge davor hatten, auch mal Kritik zu äußern. Das war auch grundsätzlich meine Wahrnehmung des IdeenLaufs: Dass eine offene, wohlwollende Feedbackkultur entstanden ist. Das ist wahrscheinlich typisch für so ein Partizipationsprojekt. Denn wenn du wirklich involviert bist und das Projekt als dein eigenes betrachtest, möchtest du dabei helfen, es besser zu machen.
Welche Aspekte sind noch wichtig, was sollte man beachten, wenn man die Begleitforschung zu einem Projekt plant?
Man sollte sich immer bewusst machen, wie wertvoll die Zeit aller Beteiligten ist. Das heißt, sich genau zu überlegen, wann man zu welchen Fragen das Feedback der Beteiligten braucht, damit diese Rückmeldungen auch noch einen Unterschied im Prozess machen können. Und einen Plan zu haben, wie die Antworten weiter verarbeitet und genutzt werden. Außerdem ist es wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und zu wissen, wie sich das Projekt gerade entwickelt. Dabei kann es etwa darum gehen, ob bestimmte Forschungsfragen noch relevant sind oder ob sich Zeitpläne, Rollen oder Prioritäten verändert haben.
Was habt ihr durch die Begleitforschung über Partizipationsprojekte gelernt?
Mit Blick auf Partizipationsprojekte habe ich mitgenommen, dass die Teilnehmenden sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben, wenn es um die Intensität der Beteiligung und den Zeitaufwand geht. Hier muss man Kompromisse finden. Hilfreich kann es etwa sein, eine Mischung aus verpflichtenden und freiwilligen Terminen anzubieten. Die Teilnahmezufriedenheit hängt stark mit dem Zeitaufwand zusammen. Es ist außerdem deutlich geworden, wie viel Betreuung Partizipation erfordert. Je abstrakter die Aufgaben sind, desto wichtiger ist es, immer eine Ansprechperson vor Ort zu haben.
Wir haben auch gemerkt, wie wichtig es ist, regelmäßig die Perspektive der Bürger*innen einzunehmen. Denn in solchen Prozessen ist vor allem die wissenschaftliche Perspektive allgegenwärtig. Nicht nur mit Blick auf die Inhalte, auch wenn es z. B. um Abläufe und Verwertungszwecke von Partizipation in der Wissenschaft geht, können Beteiligte aus Wissenschaft und Forschung meistens besser mitreden. Deshalb lohnt es sich, bei jedem Schritt zu reflektieren: Was denken sich Personen dabei, die mit Wissenschaft nicht so vertraut sind? Von ihnen wird ein komplexes Eindenken in wissenschaftliche Systeme, Logiken und Sprache gefordert, das an jeder möglichen Stelle unterstützt werden sollte.
Eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse aus der Begleitforschung sind im entsprechenden Bericht nachzulesen: Ergebnisbericht „Perspektiven verstehen, Barrieren erkennen, Mehrwerte schaffen – Erkenntnisse zur Gestaltung von Partizipation in Wissenschaft und Forschung aus der Begleitforschung des IdeenLaufs“
Der IdeenLauf war die zentrale Mitmachaktion des Wissenschaftsjahres 2022 – Nachgefragt!. Das Ergebnispapier der Partizipationsinitiative ist online abrufbar: Ergebnispapier: „IdeenLauf – gesellschaftliche Impulse für Wissenschaft und Forschungspolitik“
Das Interview führte Alena Weil.