#FactoryWisskomm – Der Prozess muss weitergehen

Ein Mann
© C. Rieken
23. Juni 2021

Heute Abend stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Ergebnisse der #FactoryWisskomm vor. Welche Handlungsbereiche für die Wissenschaftskommunikation auch nach dem Abschluss der Denkwerkstatt besonders wichtig sind und deshalb dringend angegangen werden müssen, beschreibt Markus Weißkopf.

von Markus Weißkopf

Mit der #FactoryWisskomm hatte sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) um Ministerin Anja Karliczek zum Ziel gesetzt, einen „Kulturwandel in der Wissenschaftskommunikation im Schulterschluss mit den Wissenschaftsorganisationen“ in Gang zu setzen.  Ob es diesen Kulturwandel überhaupt braucht, darüber wurde in der #FactoryWisskomm viel diskutiert, aber es wurden auch konkrete Themen identifiziert, bei denen sich alle Akteur*innen einig waren, dass dort Veränderungen nötig sind.

Einig waren sich die Akteure etwa darüber, dass es eben nicht um mehr, sondern um qualitativ bessere Wissenschaftskommunikation geht. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiges Ergebnis und es verdeutlicht, dass alle – auch medial geäußerten – Befürchtungen, die unterstellen, es gehe nur um quantitatives Wachstum, wohl eher taktisch motiviert sind.

Eine positive Erfahrung der #FactoryWisskomm war außerdem der Austausch und der Diskurs in den Arbeitsgruppen. Selten zuvor sind so viele Akteure aus unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaftskommunikation zusammen gekommen und haben gemeinsam an einer Zukunftsvision gearbeitet. Darunter waren in vielen Phasen des Prozesses auch jene Chef*innen, die die Factory ja insbesondere adressieren wollte.

Schade ist, dass es nicht wirklich gelungen ist, präziser herauszuarbeiten, was wir mit einer „besseren“ Wissenschaftskommunikation eigentlich meinen. In der Regel wurde dieses „besser“ als „wirkungsvoller“ beschrieben, in dem Sinne, dass wir unsere eigentlichen Ziele effizienter erreichen müssen.

Diese eigentlichen Zielsetzungen selbst scheinen dabei oft nur zwischen den Zeilen durch. Vertrauen schaffen und erhalten, informierte Entscheidungen auf persönlicher, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene zu ermöglichen und die Einordnungs- und Bewertungskompetenzen der Öffentlichkeit zu stärken, scheinen mir die wichtigsten davon zu sein. Dafür – und das kommt in dem Papier immer wieder zur Sprache – braucht es eine an der Gesellschaft orientierte Wissenschaftskommunikation. Diese setzt weniger auf die Stärkung institutioneller Reputation als auf die Benefits der Rezipient*innen. Weiterhin fordert die #FactoryWisskomm richtigerweise eine Stärkung der prozess-, methoden- und werteorientierten Kommunikation. Wir müssen den Diskurs leben und offen gestalten, unsere Rückkanäle öffnen und zuhören, statt selbst nur zu senden.

Es gibt also viele gute Ansätze. Entscheidend wird sein, wie es jetzt weitergeht.  Das ist bis auf einige einzelne konkrete Umsetzungsperspektiven noch unklar.  So steht im Papier zwar der Satz „die Unterstützung und Förderung der Wissenschaftskommunikation ist noch mehr im Wissenschaftssystem zu verankern – von den großen Organisationen, wie beispielsweise den Akademien und Fördereinrichtungen, bis hin zu einzelnen Hochschulen und Forschungsinstituten sowie Forschungsnetzwerken“. Hierfür werden einige gute Vorschläge zur Qualifikation und Motivation von Wissenschaftler*innen zur Wissenschaftskommunikation gemacht, wie die Schaffung einer Support Unit zur rechtlichen und psychologischen Unterstützung von Wissenschaftler*innen oder die Etablierung von Preisen insbesondere im Nachwuchsbereich. Doch wie diese ganz konkret umgesetzt werden sollen, bleibt an vielen Stellen noch unkonkret.

Neben diesem – sehr wichtigen – Punkt möchte ich noch drei weitere Handlungsbereiche hervorheben, die es meines Erachtens prioritär anzugehen gilt:

  • Wir müssen den Transfer zwischen Praxis und Forschung der Wissenschaftskommunikation stärken. Denn ohne mehr Wissen darüber, wie unsere Aktivitäten wirken, wird es künftig nicht gelingen in einem komplexer werdenden Informationssystem zu bestehen.
  • Wir müssen Wege finden informiertes Vertrauen in der Bevölkerung auszubilden und dabei insbesondere jene erreichen, die vulnerabel für Desinformationen sind oder kaum Anknüpfungspunkte zu Wissenschaft und Forschung haben.
  • Wir müssen ein gemeinsames Verständnis von Werten und Zielen der Wissenschaftskommunikation entwickeln und die Rollen unterschiedlicher Akteure stärker reflektieren.

Und ja, nun habe ich an dieser Stelle nichts über den Wissenschaftsjournalismus und dessen Förderung geschrieben. Abgesehen davon, dass ich die in der Arbeitsgruppe zu diesem Thema festgehaltenen Ergebnisse persönlich für sehr überzeugend halte, ist es aber auch nicht meine Aufgabe, diese im Detail zu kommentieren. Ich freue mich, wenn der gesamte Bereich der Wissenschaftskommunikation, zu dem auch der Wissenschaftsjournalismus gehört, in den kommenden Jahren mehr Aufmerksamkeit und dann auch Förderung erfährt. Was wir in der Factory gemeinsam erarbeitet haben, ist eine gute Grundlage dafür.